Wenn der Chronist richtig liegt, ist dieses intime Duo von Pianist Hubert Bergmann mit dem in England lebenden Saxophonisten Gilad Atzmon deren erstes Zusammentreffen, gleichzeitig aber auch Bergmanns dritte Produktion auf dem eigenen Label, nach einer Solo-Aufnahme und einem Duo mit der amerikanischen Gitarristin Mary Halvorson. Ein weiteres Duo mit dem deutsch-ungarischen Klarinettisten Lajos Dudas erschien erst vor kurzem auf dem Jazzsick-Label. Alles liebevoll editierte CDs eines beseelten lmprovisators und Produzenten, der im idyllischen Überlingen am Bodensee ein kleines, technisch gut ausgestattetes Studio sein eigen nennt.
,,Zone de Memoire" entstand kurz vor einem Auftritt Gilad Atzmons mit Sarah Gillespie in Überlingen und dokumentiert auf sieben Stücken eine Spanne eines Abends des gemeinsamen Aufeinanderzugehens und Musizierens. Eine fast greifbare, knisternde Spannung, die entsteht, wenn Stimmungen und Emotionen des Augenblicks in fassbare Formen gegossen werden, Romantisches mit Melancholischem verwoben wird, aus dem später Leidenschaftliches entsteht. Hubert Bergmann ist eher der Zurückhaltende, der dann aber ,,ausrudert", wenn Atzmon förmlich explodiert, dagegen ist Gilad Atzmon oft der Steuermann, der den Pulsschlag erhöht, aber auch wieder in ruhige Gewässer zurückfindet. Dafür bedarf es einer völlig entspannten Atmosphäre, die hier am großen deutschen Binnenmeer in bestimmten Augenblicken greifbar wird. Die Titel der sieben Kompositionen sind folgerichtig getreue Bezeichnungen für Augenblicke und Spannungen, sie sprechen mitTiteln wie ,,Roof of clouds", ,,Distant light", ,,lnvisible abyss" das aut was sich beim gegenseitigen Austauschen der Gedanken ganz spontan ergibt.
Die nüchternen Details: Auf fünf Kompositionen greift Gilad Atzmon zum Sopransaxophon, spielt auf der ersten Komposition Klarinette und auf ,, Far beyond the boundaries" Altsaxophon, während Bergmann alle Facetten seines Klaviers ausreizt, dabei das Romantische nicht überbetont, sondern ,,bohrende Ecken und Kanten" genau so integriert, wenn die Stimmung oder der Mitspieler dies erfordern. Alles ist ein irisierendes Frage- und Antwortspiel, ein Durcheinandenruirbeln zweier lnstrumente und ein inniger Austausch zweier Erzmusikanten, mal lyrisch-poetisch und gänzlich unbefangen, dann wieder stürmisch und erregend.
Ulfert Goeman